Kritik Wóchenblatt - Oliver Fiedler: Stark besuchtes Jugendtheater in Zeller Kultur Aus der Betroffenheit ein mahnendes Kunstwerk auf der Bühne gemacht   Dreimal war der Saal der "Zeller Kultur" proppenvoll, in dem die seit 2018 bestehende Jugendtheatergruppe, unter der Leitung von Anny de Silva, ihr Stück "nicht.alle.alle.männer.aber.alle.frauen" aufführten, anlässlich des diesjährigen internationalen Tags gegen die Gewalt an Frauen. Ausgangspunkt dieses von den MitgliederInnen der Gruppe selbst entwickelten Stücks, war der Sprung eines Mädchens vom Konstanzer Münsterturm, der erst später als Hilfeschrei einer missbrauchten Jugendlichen verstanden wurde als es schon zu spät war. Das Stück hat freilich schon eine ganz lange Geschichte hinter sich, wie Anny de Silva bei der Begrüßung des Publikums erklärte. Denn die Idee für dieses Stück war schon 2019 diskutiert worden als ein Stück, das Mut dazu machen sollte, sich in solchen scheinbar ausweglosen Situationen Hilfe zu holen. Doch dann kam eben erst mal das berüchtigte Jahr 2020 und die damit verbundenen Unterbrechungen und im Herbst 2021 dann nochmals ein Lockdown, der die Proben verhinderte und bis zum Frühjahr andauerte und nur ein Zwischenspiel mit einer szenischen Lösung erlaubt hatte. Es ist eine Szene in der Nacht: Selma (Alina Korhummel), eine Krankenschwester, begegnet der flüchtenden und verletzten Kiara (Fabia Korhummel), aber schon ist sie wieder entschwunden. Sie geht auf den Münsterturm, wo sie Yamila (Besjanda Berisha) begegnet, die sich in ihrer Situation auch mit dem Gedanken trägt hier zu springen, doch Kiara tut es. Die Nachricht macht schnell die Runde, die Betroffenheit wird dadurch so hart, weil sie in ihrer Schulklasse eigentlich nicht wahrgenommen wurde. Da waren Hilferufe nicht angekommen. die "TicToc-Fee" (Varinia de Silva) dreht munter ihre Videos über die Situation, der SMV-Reporter (Kai Eberhardt) sucht seine Stories über Gewalt an Frauen im Interview mit einer Schülerin die in einer Kneipe bedient. Immer dringt durch, dass es eben Gewalt war, die Kiara erleiden musste, zum Schluss stellt sich heraus, dass ihre Eltern sie für Missbrauch verkauft hatte. Und jede der Akteurinnen merkt, wie die Gewalt durch diese Männer, auch ihr eigenes Leben mit prägt. Nicht immer die große Gewalt, aber was ist der Unterschied zur Erniedrigung durch einen Klaps. Die Mädchen selbst erkennen, wie sie sich in der Welt der Männer in Rollen drängen lassen, schon der Figur wegen. Und eine Trauerfeier in der Schule, zu der Schülersprecherin Olivia (Jette Ostwald) aufruft, bringt (auch gesungen  - und genial begleitet von Reinhard Stehle an seiner E-Gitarre) so unglaublich viele Gefühle an den Tag, dass man vieles von der Männergewalt mitfühlen kann, die unsere Gesellschaft prägt, die hier bei uns und nicht anderswo ist, wo man ja gerne vom Patriarchat spricht. Die Gedichte, Poetry-Slam, zwei unglaublich textlich verdichtete Rap-Songs, "How to be a Lady" gehen einem Chor mit dem Ausruf "Jetzt reichts" unter die Haut. Und dass Yamila da auf einmal verschwunden ist, führt ins "gute Ende" der Geschichte, denn sie suchte sich Hilfe - in einem Frauenhaus. Besser konnte man diesen Tag gegen die Gewalt an Frauen eigentlich nicht thematisieren.
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